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Eine Faustregel für die Unterrichtsplanung lautet: Die Stoffmenge steht in umgekehrtem Verhältnis zum Lernerfolg. Anders gesagt: In Seminaren, in denen weniger Inhalte vermittelt werden, haben Teilnehmende das Gefühl, viel gelernt zu haben.
Wer allein vor dem Bildschirm sitzend Online-Vorträgen folgt oder an Web-Kursen teilnimmt, muss sehr viel mehr Konzentration aufbringen als in einer Präsenzveranstaltung. Es werden weniger Aufnahmekanäle aktiviert ‒ man wird zum Stillsitzen und konzentrierten Hinschauen oder Hinhören „verdonnert“.
Daher sollten komplexe Unterrichtsinhalte auf die wesentlichen und praxisrelevanten Elemente reduziert und in einfachere Sachverhalte, Zusammenhänge und Problemstellungen überführt werden. Leitfragen bei der Stoffreduktion sind: Was haben die Teilnehmenden im „echten Leben“ von Ihrer Lehrveranstaltung? Was eignet sich für den Transfer in den Berufsalltag?
Um möglichst viele Sinne anzusprechen und die Lernenden bei der Stange zu halten, ist Abwechslung von passiven und aktiven Elementen in überschaubaren Sequenzen daher das erste Gebot in der Online-Lehre bzw. im Online-Lernen (siehe „“). Haben Sie dabei immer Ihre Zielgruppe genau im Auge: Welche Vorkenntnisse sind bei den Lernenden vorhanden – wo können Sie ansetzen?
Ganz konkret ist hier die Frage zu berücksichtigen, welche Vorkenntnisse bei den Lernenden vorhanden sind und wo können Sie ansetzen?
Je weniger Vorwissen über die Inhalte in der Zielgruppe bekannt ist, umso mehr müssen Sie sich in der Vermittlung darauf konzentrieren, WARUM diese Inhalte wichtig sind (Praxisbezug).
Verfügen die Teilnehmenden über Vorwissen, richtet sich Ihr Fokus auf das WIE: Wie kann das Wissen schnell in der Praxis umgesetzt und konkret angewendet werden?
Didaktische Stoffreduktion gliedert sich also in zwei Elemente: Einerseits die quantitative Reduktion und Konzentration des Lernstoffes in gut dosierte „Lernhappen“ (Abstraktion).
Andererseits die qualitative Reduktion dieser „Lernhappen“ in pointiert formulierte und anschaulich visualisierte Darstellungen der Sachverhalte (Konkretisierung).
Horst Siebert nennt vier Vorgehensweisen bei der didaktischen Reduktion[1]: [1] Vgl. Siebert, H.: Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung. 4. Aufl. München 2003
Elementarisierung: reduzieren auf grundlegende Strukturen, Gesetzmäßigkeiten sowie Begriffe
Schlüsselbegriffe: reduzieren auf bestimmte Themenkreise
Verwendungssituationen: reduzieren auf die wichtigsten Praxissituationen
Exemplarische Auswahl: Inhaltsbearbeitung anhand von Fällen und Beispielen.
Dabei helfen folgende Fragestellungen:
Welche Voraussetzungen bringen die Zielgruppe bzw. die Lernenden mit?
Welche Sachstruktur (Begriffe, Aspekte, Elemente) bestimmt die Komplexität des Inhalts?
Welche Inhalte sind praxisrelevant?
Welche grundlegenden Zusammenhänge müssen die Lernenden erkennen?
Welche Beispiele, Analogien, Erläuterungen, Visualisierungen verbessern das Verständnis?
Wieviel Differenzierung, Problematisierung oder Perspektivenvielfalt ist wirklich notwendig?
Woran sind die Lernenden interessiert?
Welche Inhalte sind auszufiltern, die im gegebenen Kontext als „nicht wesentlich“ erachtet werden?
Wieviel Zeit steht zur Verfügung?
Grundsätzlich gilt: Insbesondere konkrete Beispiele und Fallbesprechungen verbessern und ermöglichen das Verständnis komplexer Sachverhalte und tragen zur Anschaulichkeit bei.
Praktische Bezüge helfen, theoretische Sachverhalte anschaulicher und transparenter zu gestalten. Aus konkreten Fällen können allgemeine Rückschlüsse, Zusammenfassungen und Erkenntnisse erarbeitet und nach-haltiger verankert werden.
Kurz: Nutzen Sie die Praxis, um Theorien transparent zu machen.
Ein Klassiker in der reduzierten und visualisierten Stoffvermittlung sind Power-Point-Präsentationen. Die Regeln für eine gute und übersichtliche Präsentation sind dieselben wie für eine gute didaktische Reduktion. Ab der Office-Version 2016 können solche PPT-Präsentationen als Video mit Sprachaufnahme aufgezeichnet werden. Für eine griffige Veranschaulichung der Lerngegenstände/Lerninhalte in digitalen Lerneinheiten eignen sich aber auch Lernvideos, kurze interaktive Lernformen, Quiz-Angebote und/oder Gamification etc.
Um einen Lehrgegenstand an konkreten Beispielen aufzuzeigen, empfiehlt es sich, einfache und grundlegende Sachverhalte auszuwählen, die über sich hinausweisen und als Einzelfall für große Bereiche eines Sachgebiets dienen. Nach Wolfgang Klafki lassen sich solche Fallbeispiele in sieben Kategorien unterteilen:
Quelle: Tabelle = Formen des Elementaren nach Klafki; aus „reduktion_oeconomix_referendariat_einbindung_im_studienseminar_-_reduktion-_zielgruppenadaequate_vereinfachung_von_themen.pdf“; AR Dr. M. Beutner; Seite 6; 2008
Eine mögliche Form der anschaulich visualisierten Stoffreduktion ist die mehrstufige Gliederung. Die folgenden Abbildungen zeigen dies am Aufbau eines Seminars zur Textformatierung. Ausgehend von einer allgemeinen Übersicht in ca. 20 min wird in vertiefenden Anwendungsbeispielen die konkrete Handhabung praxisrelevant innerhalb eines Zeitrahmens von bis zu 3 Tagen demonstriert und geübt.
Die erste Ebene gibt einen allgemeinen Überblick zu den Hauptthemen und Bereichen der Textformatierung. Die Formatierung wird exemplarisch in 15–20 min mit einfachen und allgemein verständlichen Beispielen demonstriert. Dabei kann bereits kurz auf darauffolgende spezielle branchenbezogene Anwendungsbeispiele hingewiesen werden. Einfache Übungen dienen dem funktionalen Grundverständnis und der Orientierung im Textprogramm.
In der zweiten Ebene (Grundlagen) werden zu den 4 Hauptthemen branchentypische und häufig vorkommende Anwendungsbeispiele gezeigt und geübt. Zielstellung ist des Erlenen der ersten Format-Kombinationen und deren Zusammenhang untereinander. Die Demonstration und Übung erfolgt anhand eines einfachen Beispiels in einem Zeitumfang von ca. 4 Stunden.
In der dritten Ebene (Aufbau) wird auf spezielle Anwendungsbeispiele und deren Komplexität verwiesen. Hier ist es besonders wichtig, mit unterschiedlichen branchenbezogenen Fallbeispielen den effizienten und professionellen Umgang der Textformatierung zu erlernen und auszubauen. Je nach Branche und deren speziellen Anforderungen kann dafür ein Zeitumfang von 3 Tage benötigt werden.
Ausgangspunkt ist das sogenannte "Dreieck der Stoffanalyse". Entscheidend ist die Analyse und die darauffolgende Auswahl zielgruppengerechter und vor allem praxisrelevanter Anwendungsbeispiele.
Aus der Perspektive der Zielgruppe werden Beispiele, Fallstudien und Transferübungen mit aufeinander aufbauenden Lehr- und Lerneinheiten entwickelt.
wb-web – Projekt des Deutschen Institutes der Erwachsenenbildung (DIE):
Fernuniversität Hagen:
Links – auch zu PDFs von Prof. Dr. Martin Lehner:
Yvo Wüest – Spezialgebiet Didaktische Reduktion: Yvo Wüest: "Auf den Punkt - Didaktisch reduziert lehren und präsentieren"; Verlag ; HRM-Dossier Nr.76
Fundamentales
Nur als Erlebnis existent und erfahrbar.
Selbsterfahrung in einer
Grenzsituation
Exemplarisches
Allgemeines wird am Besonderen erfahren.
An einem fallenden Gegenstand, z.B. Schlüssel das Fallgesetz
Typisches
Allgemeines wird im Besonderen erfahren.
Im Kölner Dom beim Betrachten usw. – der gotische Baustil
Klassisches
Allgemeines wird als Wert
erfahren.
an der Geschichte des barmherzigen Samariters – die Nächstenliebe
Repräsentatives
Allgemeines wird als
Vergegenwärtigung erfahrbar.
An einer Windmühle in einer alten Stadt wird Vergangenheit lebendig
Einfache Zweckform
Allgemeines (Form) und
Besonderes (Zweck) fallen
zusammen.
Das Allgemeine wird durch das
Tun des Besonderen erlernt.
Durch Lesen das Lesen lernen
(Lesefertigkeit)
Einfache ästhetische
Form
Allgemeines und Besonderes
fallen zusammen,
Das Allgemeine wird durch das
Einmalige anschaubar.
An einem speziellen Bild der
„Goldene Schnitt“