Agilität reimt sich auf Stabilität!

Wie können dynamische Communities und Netzwerke ein Zuhause in Organisationen mit hierarchischen Strukturen und klar abgesteckten Rollen finden? Wie sieht die Strategie aus, anhand derer Innovationen aus diesen neuen Strukturen hervorgehen können?

John Kotter, bekannt für seine achtstufige Change Management-Theorie, hat dazu ein einfaches und prägnantes Modell formuliert: das duale Betriebssystem (siehe John Kotter: "Accelerate – Building Strategic Agility for a Faster-Moving World" Engl. 2014, Dt. 2015).

Neben der etablierten, festen Struktur (1. Betriebssystem) bildet das Modell eine weitere parallele Schattenorganisation ab: die Netzwerkorganisation. Diese soll Veränderungen bewirken. “Schatten” hat in diesem Sinne nichts mit finsteren Motiven zu tun, sondern veranschaulicht, wie die beiden Betriebssysteme zueinander stehen und miteinander interagieren.

Das Beste aus beiden Welten vereinen nebeneinander!

Für Kotter stellt das 1. Betriebssystem, das mit Hierarchie und festen Strukturen arbeitet, Zuverlässigkeit und Effizienz sicher. Es fokussiert sich auf schrittweise stattfindende Veränderungen und Verbesserungen und wird so von dem “Innovationsdruck” befreit, der sein Ventil in der Netzwerkstruktur, im 2. Betriebssystem, finden soll.

Das Resultat dieser Parallelität ist, dass sich das 1. Betriebssystem stabilisiert und innovative Impulse erhält. Gleichzeitig verfolgt das 2. Betriebssystem kreative, neue Wege und bekommt Rückhalt.

Je agiler Mitarbeitende und Führungskräfte agieren, desto mehr Stabilität und Orientierung brauchen sie. Wir benötigen ein Bein, auf dem wir sicher stehen — nur dann können wir beherzt mit dem anderen ausholen und etwas Neues anstoßen.

Freiwilligkeit ist kein Manko, sondern ein Merkmal

Die Netzwerkorganisationen beruhen, im Gegenzug zum 1. Betriebssystem, auf Freiwilligkeit. Alle jene, die sich in diesem 2. Betriebssystem engagieren und miteinander arbeiten, tun dies aus der inneren Motivation heraus, etwas verändern zu wollen. Das führt dazu, dass in diesem 2. Betriebssystem ein Führungsstil durch „Organisieren und Kontrollieren“ unwirksam, ja sogar destruktiv ist. Eine gute Führung weist sich hier vor allem mittels ansteckender Ideen, authentischer Motivation und kommunizierten Visionen sowie Wertschätzung aus.

Erfrischend an diesem Ansatz ist auch, dass er eine erfolgreiche Praxis nicht auf das ideologische Abstellgleis stellt — es ist kein “entweder oder”, sondern ein “und”. Das duale Betriebssystem versucht, das Spannungsfeld von Stabilität und Agilität nicht aufzulösen, sondern erleichtert ein Bewusstsein darüber, wo beide Betriebssysteme ihr Potenzial haben und wie sie sich jeweils entfalten können. Das Modell ist eine gute Brille, durch die man auf Netzwerke und Communities blicken kann. Sie schafft Klarheit, wie und wo diese in einem Verband verstanden werden können und zeigt, dass das Miteinander zweier, verschiedener Arten von Führungskulturen notwendig und wünschenswert ist.

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